2018 Herbstfahrt Twistringen

Mit dem Heimatverein zum Strohmuseum nach Twistringen

Am 28. September 2018 war es wieder soweit.
51 Mitglieder des Heimatverein Langeoog e. V. waren pünktlich zur ersten Abfahrt am Bahnhof Langeoog und saßen bereits vor 9.00 Uhr an hübsch gedeckten Tischen in der Ostfriesischen Teestube in Altharlingersiel bei Tee, Kaffee und Brötchen.
Gut gestärkt ging es nach dieser angenehmen Unterbrechung mit dem Busunternehmen Jacobsen weiter nach Twistringen, einer Kleinstadt südlich gelegen zwischen Oldenburg und Bremen in Richtung Diepholz.

Wohl kaum einer der Teilnehmer/innen hatte eine genaue Vorstellung von einem „Strohmuseum“ und daher waren alle überrascht von einem eindrucksvollen Vortrag in den Räumen einer alten Scheune, die mit Hilfe eines Fördervereins und ehrenamtlichen Helfern 1998 zu einem Industriemuseum gestaltet wurde. Es ist einzigartig in Deutschland, ja sogar in Europa. Ein ähnliches Museum gibt es nur noch in der Schweiz. Besucherzahlen von jährlich 7.000 – 8.000 Gästen zeigen, dass sich der Einsatz der Ehrenamtlichen gelohnt hat.

Schon um 1700 begannen die Bürger im Gebiet des damals ca. 2.500 Seelen umfassenden Kirchspiels Twistringen mit der Herstellung von Strohprodukten. Roggen wuchs hier wegen der Bodenbeschaffenheit besonders gut. Die gute Qualität des kräftigen und ganz besonders langen Strohs war mitentscheidend, dass sich Twistringen im Verlaufe der letzten 300 Jahre zu einem führenden Standort der deutschen Strohverarbeitung entwickelte. In der Blütezeit um 1930 waren bei 6500 Einwohnern bis zu 2000 Personen mit der Strohverarbeitung beschäftigt.
Für die Verwendbarkeit des Strohs war die Art der Ernte und die Aufbereitung des etwa 1,80 m langen Roggenstrohs ein wichtiger Vorgang. Das Stroh musste insbesondere für die Trinkhalmherstellung möglichst unbeschädigt bleiben. Es wurde deswegen mit der Sense gemäht. Stroh zur Verwendung als Dachstroh wurde mit Mähmaschinen oder Mähbindern gemäht. 
Um 1700 begann die Strohverarbeitung mit der Herstellung von Strohgeflechten aus Sommerroggen, um daraus Strohhüte zu nähen. Um 1845 waren im Twistringer Raum 40 selbständige Strohhutmacher tätig. Ca. 50 ha Ackerland waren erforderlich, um den Strohbedarf der Flechter zu decken. Ab ca. 1870 wurde Strohgeflecht aus China importiert. Gleichzeitig konnten die ersten Nähmaschinen eingesetzt werden. Um 1900 gab es nur noch vier Betriebe, und seit dem Ende der 1920er Jahre nur noch die 1863 gegründete Hutfabrik Behrens, die 2004 als letzte geschlossen wurde.
Im Museum war auch der zur Feier des 750-jährigen Jubiläums der Stadt im Jahr 2000 angefertigte riesige Strohhut mit einem Durchmesser von 5,5 m zu sehen, der die 20-fache Vergrößerung eines Kreissäge-Hutes aus den 1920er Jahren darstellt und es mit dieser Größe zu einem Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde brachte.
An einer der noch vorhandenen Hutnähmaschinen wurde den interessierten Mitgliedern des Heimatsvereins Langeoog die Entstehung eines Strohhutes sowie das anschließende Pressen eindrucksvoll demonstriert.

Seit 1876 werden in Twistringen Strohhülsen, sogenannte Malotten, zum Verpacken von Flaschen für den Versand hergestellt. Die Herstellung der Malotten war in der Blütezeit um 1935 und 1955 der einträglichste Erwerbszweig der Twistringer Strohverarbeitung.

Strohtrinkhalme sind seit etwa 1920 in Twistringen ausschließlich in Heimarbeit hergestellt worden. Mit meist selbst gebastelten Schneidgeräten wurden die Halme oft unter Mithilfe der ganzen Familie geschnitten. Weiterverarbeitende Firmen kauften die Halme auf und brachten sie nach Bleichen, Desinfizieren und Einpacken in Papierhülsen in den Handel.

Seit den 30er Jahren wird neben Roggenlangstroh auch Kurzstroh zu vielerlei Produkten verarbeitet. Nachdem anfänglich Matten, die zum Abdecken, Beschatten und Isolieren verwendet wurden, hergestellt wurden, hat sich die Palette heute um Stroh- und Faserprodukte wesentlich vergrößert. Drainrohrummantelungen, Folienmatten und –schläuche, Dachbegrünungs- und Vegetationsmatten für den Landschaftsbau sind nur einige der noch hergestellten Produkte. Heute werden noch in zwei Twistringer Betrieben Maschinen zur Strohverarbeitung hergestellt und weltweit vertrieben.

Nach einem schmackhaften Mittagsimbiss und der Gelegenheit, Hüte und andere Strohprodukte zu erwerben, ging die Reise weiter zum Janssen Hof nach Rastede.
Auch hier bot sich die Gelegenheit zum Einkauf im Hofladen mit einer großen Auswahl an im eigenen Betrieb hergestellten Broten, Konfitüren, Gelees, Likören, Säften, sowie Fleisch- und Wurstwaren. Im Bauernhof-Café verbrachte die Gruppe noch eine gemütliche Stunde bei hausgemachten Torten, bevor es wieder zur Küste ging.

Mit vielen Eindrücken, guter Laune und etwas geschafft vom langen Tag kehrten alle Vereinsmitglieder mit dem 19.30 Uhr Schiff zur Insel zurück.

Margret Sjuts, die den Ausflug wieder einmal bestens geplant und organisiert hatte, wurde ein herzliches Dankeschön für diesen schönen Tag ausgesprochen.

Text: Helga Leiß

Share by: